Die Haut kann man nicht einfach durch Trinken
mit Feuchtigkeit bzw. Wasser „auffüllen“. Das größte Organ des menschlichen
Körpers steht ständig in Verbindung mit der Luft. So kann die Haut Wasser an
die Luft abgeben und gleichzeitig Wasser aus feuchter Luft aufnehmen. Dabei ist
es wichtig, dass sie weniger Feuchtigkeit abgibt als sie aufnimmt, da sie
ansonsten austrocknet. Die aufgenommene Feuchtigkeit wird in den Korneozyten,
also den Hornzellen gebunden. Für diese Bindung benötigt die Haut den
sogenannten Natural Moisturizing Factor (NMF). Die NMF-Bestandteile
werden auch als natürliche Feuchthaltefaktoren beschrieben. Das sind, neben Aminosäuren
und Urea, auch Lactat, Pyrrolidincarbonsäure (PCA),
Salze und Glucose. Sie ziehen das Wasser in die Hornzellen und
binden die Feuchtigkeit dort, um Austrocknung, Schuppenbildung und Hautschäden
vorzubeugen.
Die natürlichen Feuchthaltefaktoren allein
reichen dazu aber nicht aus. Deshalb liegt eine Lipid-Schicht zwischen den
Hornzellen, welche das Verdampfen des Wasser verhindert. Ist diese Schicht
gestört, ist es egal, wie viel Feuchtigkeit wir der Haut zuführen. Sie
verdampft einfach wieder. Die Haut wird trocken und anfällig für Allergene,
Juckreiz und Entzündungen.
Das liegt zwar mitunter auch daran, dass
atopische Haut zu wenig natürliche Feuchthaltefaktoren enthält. Doch
auch die Hornzellen selbst, bzw. ihre Funktion und Regeneration, sind bei der Neurodermitis gestört. Warum das so ist, wurde noch nicht abschließend
erforscht.
Die gestörte Hautbarriere bei
Neurodermitis-Patienten führt demnach dazu, dass Flüssigkeit aus der Haut
verloren geht und die Haut trocken wird. Bakterien, Allergene und andere
Substanzen können gleichzeitig leichter in die Haut eindringen, was das Risiko
für Entzündungen und Juckreiz erhöht. Unter anderem auch dadurch, weil die trockene
Haut rissig wird und weitere Einfallstore für Reizstoffe schafft. Zudem neigt trockene Haut zu Juckreiz, was ein häufiges Kratzen
verursacht. Die Mikroverletzungen, die wir der Haut dadurch zufügen, sind ein
weiteres Einfallstor für Allergene.
Dementsprechend sind die Hautveränderungen
bzw. Symptome einer Neurodermitis zugleich ihre Ursache. Die gestörte
Hautbarriere führt zu trockener Haut, diese führt zu Juckreiz, der führt zu
Kratzen, das Kratzen schwächt die Hautbarriere weiter, Allergene können
eindringen und die Haut verliert noch mehr Feuchtigkeit, die eingedrungenen Allergene und die
trockene Haut führen zu noch mehr Juckreiz und die Entzündungsreaktionen werden
immer ausgeprägter. Das nennt man auch den Kreislauf der atopischen Haut
bzw. den „Juckreiz-Kratz-Kreislauf“. Dadurch besteht außerdem das Risiko, dass Pilze und Bakterien
in die Haut eindringen und zusätzlich zu Sekundärinfektionen führen, welche das
ohnehin schon große Leid der Patienten weiter vergrößern.
Das Ziel der sogenannten Basispflege bei Neurodermitis, eine der wichtigsten Säulen der Therapie, ist es deshalb, der Haut mehr Feuchtigkeit zuzuführen, ebenso wie hautverwandte Lipide, die den Mangel an natürlichen Feuchthaltefaktoren und Hornfetten ausgleichen, um so die Schutzfunktion der gestörten Hautbarriere zu reparieren. So soll die natürliche Schutzfunktion und die Fähigkeit zum Speichern von Wasser regeneriert und unterstützt werden, um so die Häufigkeit akuter Schübe durch auslösende Trigger zu reduzieren. Während eines akuten Schubs kommt hingegen die sogenannte Akuttherapie zur Anwendung, zum Beispiel die Behandlung mit Kortison, die Lichttherapie oder die Anwendung von injizierbaren Biologika. Kommt es zu Sekundärinfektionen müssen diese zusätzlich behandelt werden, je nach Auslöser zum Beispiel mit Antibiotika, Antimykotika oder Antiseptika. Dieser schrittweise Aufbau der Behandlung von Neurodermitis wird auch als Stufentherapie bezeichnet.